COMPLAINTE EN TROIS ACTES
MUSIK VON DARIUS MILHAUD | LIBRETTO VON JEAN COCTEAU
Regie & Choreographie: Giorgio Madia
Bühne & Kostüme: Cordelia Matthes
Musikalische Leitung: Daniel Hoyem-Cavazza
BESETZUNG Mentu Nubia (Beau-père), Diana Higbee (Femme), Andreas Jankowitsch (L’ami), Pablo Cameselle (Le matelot), Kammerensemble der Wiener Kammeroper
PREMIERE
17. Mai 2011 Kammeroper Wien
(aufgeführt als Doppelabend mit George Antheils VENUS IN AFRICA)
LE PAUVRE MATELOT und VENUS IN AFRICA – das sind zwei bemerkenswerte, ganz unterschiedliche kleine Opern, die eine entscheidende Gemeinsamkeit haben: Beide kreisen sie um einen faszinierenden Mythos, der jeweils das Unfassliche in sich trägt.
Mit der Figur des Matrosen in LE PAUVRE MATELOT sind sinnliches Begehren und materielle Bescheidenheit verbunden. Aber sein ungebundenes Leben auf hoher See macht ihn zur unverwechselbaren Symbolfigur, denn seine eigene, einzig wahre Liebe gehört dem Wandel und der fortwährenden Bewegung. Auch die Göttin der Liebe und Schönheit, VENUS IN AFRICA, bleibt in ihrem Wesenskern ungreifbar. Um sich von der lustvollen Last zu befreien, Venus ausweglos verfallen zu sein, ist es nötig, ihre Unnahbarkeit anzuerkennen. Den Mythos vom „armen Matrosen“ hat Jean Cocteau neu erfunden. In seiner raffinierten Interpretation spiegelt sich nicht nur der Zeitgeist der Zwanzigerjahre, sondern vor allem seine persönliche Handschrift, die Assoziationen und Bilder in mir auslöst. Ohne Grenzen zu beachten, hat er seine Ästhetik in vielen Bereichen entfaltet, und dabei die Mittel des einen Genres auf die Gestaltung eines anderen angewendet. Auch George Antheil hielt sich kaum an die Grenzen der rein musikalischen Arbeit, zeitlebens hatte er einen Bezug zum Film. Es ist, als liege seiner Musik ein visuelles Denken zugrunde, das eindeutige szenische Vorgaben macht und seinerseits filmische Bilder in mir weckt.
Aus diesen Welten lässt sich die Inspiration für das Kreieren einer gewissen visuellen Atmosphäre schöpfen, die das schillernde Geheimnis um das Nicht-Greifbar-Sein ins Zentrum rückt, als ein faszinierendes Wechselspiel von Wahrheit und Illusion, in das die Beziehungen der Figuren hineingezogen werden. — GIORGIO MADIA
PRESSESTIMMEN
Wie so oft an der Kammeroper sind in dieser Produktion Regie (Giorgio Madia) und Bühne (Cordelia Matthes) erstklassig.
Stefan Ender, Der Standard, 30. Mai 2011
Madias Regie zeichnet sich bei dieser Oper durch eine sorgfältige Führung der DarstellerInnen aus und baut auf deren (Schau-)Spielfreude.
Edith Wolf Perez, Tanz.at, 18. Mai 2011
Die szenische Umsetzung durch Giorgio Madia hat bei beiden Werken einen slapstickhaften Grundcharakter herausgeschält und sorgte durch die Einbeziehung von manchmal fast tänzerischer Bewegungschoreographie für einen schwungvollen Abend. Bei LE PAUVRE MATELOT nahm Madia zudem Anleihen beim Stummfilm. Das war insofern passend, als die Handlung selbst dieses expressionistische Übertreibungsmoment impliziert, das Stummfilme in der Gebärde der Schauspieler ausdrücken. Als Szene genügte hier eine drehbare Kulisse, die aus zwei schmalen Wandflügeln bestand, mit jeweils einer Türe. Diese beweglichen Raumteiler konnte man auf- und zusammenfalten und drehen – und auf diese Weise virtuelle Spielräume schaffen, die dann durch die im Sinne von alten Stummfilmen umgesetzte Personenregie von den Sängerinnen und Sängern belebt wurden.
Dominik Troger, operinwien.at, 31. Mai 2011